Japan kauft Atomwaffen!? – das Planspiel POL&IS auf Gaesdonck
Von Neele Merten und Stefan Luca
Was weißt du über Sicherheitspolitik? – mit dieser Frage sind wir, 29 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen Q1 und Q2, in die dreitägige Pol&IS-Simulation gestartet. Am Freitag, den 24. Januar 2025, empfingen wir die drei Jugendoffiziere der Bundeswehr, Hauptmann J. Meinköhn, Hauptmann L. Müller und Hauptmann R. Hendricks, welche uns in die verstrickte Welt der internationalen Politik einwiesen. Das Ziel dieses Projektes war es, Antworten auf die Fragen zu finden, wie man langfristig Frieden gewährleisten kann und ob es überhaupt möglich ist, einen Krieg zu vermeiden.
Um das Handeln der UN-Generalversammlung im Prozess der globalen Friedenssicherung hautnah zu erleben, wurden wir zuerst jeweils zu dritt verschiedenen geopolitischen Regionen wie beispielsweise Nordamerika, Europa, China, Russland oder Arabien zugeteilt. In jeder Gruppe gab es einen Staatsminister, Wirtschaftsminister und einen Regierungschef, die jeweils unabhängig und doch aufeinander abgestimmt in ihren jeweiligen Positionen agieren mussten. Akteure wie das UN–Generalsekretariat, die Weltbank, NGO wie Greenpeace und Amnesty International sowie die freie Weltpresse waren ebenfalls präsent.
Auch wenn es zu Beginn sehr herausfordernd war, die Rolle des jeweiligen Amtes zu verstehen und sich der eigenen Verantwortung bewusst zu werden, kamen wir mit Hilfe der dazugehörigen POL&IS-App schnell und gut zurecht. Sie half uns, komplexe Aufgaben wie zum Beispiel die Haushaltsplanung, Berechnungen zur Wirkung von Investitionen oder das Festhalten von bindenden Verträgen durchzuführen und die Konsequenzen zu erknenn.
Zeitlich war das Planspiel in vier Jahre unterteilt. Jedes brachte andere Aufgaben mit sich, sei es Terrorismus in Europa oder Nordamerika zu bekämpfen, einen Konflikt um das Territorium im Chinesischen Meer zu lösen, Migrationspolitik zu betreiben oder neu entdeckte Bodenschätze zu verteilen.
„20 Millionen – 20 Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht aufgrund des Klimawandels.“ – mit dieser Klage seitens der NGOs begann das erste Jahr. In der ersten Phase musste man sich als Staat im Gespräch positionieren, denn in der nächsten befand man sich in unterschiedlichen Räumen und die Kommunikation innerhalb der Region war verboten. Nun arbeiteten die Staatschefs im Hauptraum die Regierungspläne für das laufende Jahr aus, die Wirtschaftsminister handelten Verträge um Güter und Ressourcen im Börsenraum und die Staatsminister verlegten sowohl militärische, als auch zivile Einheiten im Kartenraum. In einer eingeschobenen Kurzberatung, in welcher Aussagen wie „Japan kauft Atomwaffen.“, oder „China greift Russland an.“ fielen, wurden die Ergebnisse der letzten Stunde zusammengefasst und das weitere Vorgehen abgestimmt. In der nächsten Phase ging es anschließend darum, die vorher geplanten Truppen endgültig zu aktivieren und Verträge zu zeichnen. Im Hauptraum fand währenddessen der von der UN-Sekretärin geleitete G7-Gipfel statt. Das Ziel bestand darin einen gemeinsamen Vertrag zur Abrüstung an Massenvernichtungswaffen zu vereinbaren. Wie in der Realität stellten sich jedoch Atommächte quer, denn „Wer will schon Macht abgeben?“ – „Wir rüsten gemeinsam gleichzeitig ab.“, war die Antwort. Doch trotz einer langsamen Ratifizierung des Vertrages reicherte Arabien Uran an und Europa rüstete ab und bezog später mehr Sprengköpfe als zu Beginn.
Dies geschah jedoch ohne gegen jegliche Vereinbarungen zu verstoßen, denn Schlupflöcher ließen sich fast überall finden, was uns allen noch einmal vor Augen führte, wie grob manche Formulierungen in der Politik sind. Auch wenn in der ersten Runde kein Kompromiss vereinbart werden konnte, ließen sich jedoch gemeinsame Nenner finden.
Sobald die Wirtschafts- und Staatsminister in den Hauptraum zurückgekehrt sind, erhielten wir im Rahmen einer UN-Silvesterfeier von den Spielleitern Feedback für unser Handeln im vergangenen Jahr. In einer retrospektiven Nachrichtensendung wurden gute Ideen wie etwa Kohlenstoffspeicherung in Beton belohnt und auch wiederholt sowie weniger gute, wie Müll in den Weltraum zu entsorgen, sanktioniert.
Die Simulation verlief weitestgehend friedvoll, denn territoriale Konflikte konnten ohne Waffengewalt gelöst, Müll aus den Ozeanen umverteilt und Terrorismus bekämpft werden. Umso mehr man in die Simulation und die zugeteilte Rolle eingestiegen ist, wurden auch Ideologien gemäß der Simulation „übernommen“. Arabien war zunächst weltoffen, plante dann jedoch plötzlich einen Angriffskrieg auf Afrika, um Ressourcen zu erlangen. Russland, im Expansionismus festgefahren, kam Arabien jedoch zuvor und annektierte Nordafrika selbst. Aber auch die NATO, welche um Japan erweitert wurde, verlegte Truppen gegen China zur Verteidigung des neuen Bündnispartners im Japanischen Meer und wartete auf einen günstigen Moment zum Angriff. Und da sich nun die russischen Truppen in Afrika befanden, verlegte der europäische Staatsminister seine Truppen ebenfalls um und griff eigenständig Russland an. Alles wie bereits erwähnt eine Simulation, deren Ablauf nicht vorgeplant ist, sondern aus der Dynamik und Kreativität der Teilnehmer erwachsen ist.
Die Simulation wurde unterbrochen.
„Krieg ist die absolute Hölle, und das meine ich wortwörtlich so“ – damit begann der Vortrag der Jugendoffiziere. Sie berichten uns von ihren Erfahrungen aus ihrer bisherigen Laufbahnen, um uns noch einmal deutlich zu machen, welche Auswirkungen unser Handeln im realen Leben haben würde. „Ich habe vor zwei Jahren eine ganze Gruppe junger ukrainischer Soldaten in eurem Alter ausgebildet und ich kann euch sagen, dass mit großer Wahrscheinlichkeit keiner von ihnen heute noch am Leben ist.“, so Hauptmann L. Müller. Daraufhin folgte eine betroffene Stille. Man wusste selbstverständlich, welche Auswirkungen Krieg hat, aber es dann noch einmal aus persönlichen Erfahrungen berichtet zu bekommen, machte es noch einmal viel deutlicher.
Doch die bedrückte Stimmung war nur kurzweilig. Die drei Jugendoffiziere beendeten die Simulation, bevor sie in einen Krieg ausarten konnte, und gaben uns anschließend ein letztes Feedback, bevor wir unsere Rollenkarten endgültig ablegten.
Was weißt du über Sicherheitspolitik? – mit dieser Frage beendeten wir das gemeinsame Wochenende und dieses Mal konnten wir mit mehr als nur wenigen Stichpunkten auf diese Frage antworten. Es lag ein Wochenende voller spannender, aber auch nervenaufreibender Herausforderungen hinter uns. Die Motivation wurde zu jedem Zeitpunkt geweckt. Wir bedanken uns ganz herzlich bei den drei Jugendoffizieren der Bundeswehr, dass sie sich die Zeit genommen haben, zur Gaesdonck zu kommen und diese Simulation mit uns durchzuführen. Ihr großes Engagement und ihre eigene Freude haben es uns ermöglicht, die komplexen Zusammenhänge der Außenpolitik besser und intensiver auf eine kreative Weise zu verstehen. Darüber hinaus möchten wir uns ebenfalls bei unseren Lehrern Herrn Eul und Herrn Behet für die gelungene Organisation bedanken.
Als wir eine Woche vor der Simulation die Einführungsveranstaltung hatten erzählte uns Hauptmann R. Hendricks, dass wir unsere Rollen zwar ablegen und verlassen werden, aber dennoch auch danach weiterhin über das Geschehene reden würden. Und selbst heute, knapp eine Woche nach der Simulation, ist diese noch immer ein Gesprächsthema.